Donnerstag, 18. August 2022

Die wunderbare Welt des Zuhörens

Das Zuhören? Ist das nicht etwas ganz Normales, Alltägliches? Etwas, um das man nicht viel Aufhebens machen muss? Wer Ohren hat, der hört. So einfach ist das. Oder etwa nicht?

Wenn es so einfach wäre, würde es nicht so viele Missverständnisse geben, wäre mehr Verständnis füreinander möglich und vermutlich auch mehr Kompromiss. Verhärtete Fronten, Reden wie gegen eine Mauer, sich nicht ernst genommen fühlen – das wäre passé. Dafür gäbe es befreites Aufatmen, ein Gefühl von Wertschätzung, ein neues Miteinander. Wäre das nicht wunderschön? Würde das unseren Beziehungen nicht wohltun? Lohnt sich dafür nicht ein bisschen Anstrengung? Urlaubszeit ist auch eine Zeit des Zuhörens. Probieren Sie es doch einmal aus. Schenken Sie sich und Ihrem Gegenüber ein wenig Zeit.

10 Tipps, wie gutes Zuhören gelingt

Jeder, der gut hören möchte, braucht lediglich gesunde Ohren. Wer allerdings gut zuhören möchte, braucht wesentlich mehr. Zuhören spielt gewissermaßen in einer höheren Liga als das Hören. Für das Zuhören brauchen wir unser „ganzes Herz“.

1. Zu-hören heißt zunächst: hin-hören, sich dem anderen zuneigen, ihn annehmen, gelten lassen und ernst nehmen.

2. Ein guter Zuhörer hört sehr genau hin, was der andere ihm wirklich mitteilen möchte. Dabei achtet er nicht nur auf dessen Worte; er versucht auch herauszuhören, was sein Gegenüber im Inneren seines Herzens bewegt, und bringt es zur Sprache.

3. Ein guter Zuhörer hört auch auf das, was der andere „nicht“ sagt – aus Scham, aus Angst oder weil es ihm nicht voll bewusst ist.

4. Ein guter Zuhörer stülpt seine Vermutungen dem anderen nicht einfach über, sondern bietet sie ihm als eine Möglichkeit an, einmal über dieses „Nichtgesagte“ nachzudenken.

5. Ein guter Zuhörer hört auch auf seine eigenen Gefühle und Stimmungen während des Gesprächs und bringt sie einfühlsam ein. Sie können ein wichtiger Indikator sein, die dem anderen weiterhelfen.

6. Wenn gutes Zuhören gelungen ist, kann man das am Ende eines Gesprächs an den befreiten Reaktionen des Gegenübers spüren, wie zum Beispiel an der Stimme oder der Atmung.

7. Ein guter Zuhörer vermeidet das Moralisieren, Bagatellisieren, Generalisieren, Debattieren, ständiges Interpretieren, Diagnostizieren oder Besserwisserei.

8. Ein guter Zuhörer vermeidet das Monologisieren, indem er sein Gegenüber nicht als Stichwortgeber missbraucht.

9. Das gute Zuhören gelingt eigentlich immer, wenn sich dabei beide Gesprächspartner authentisch und ehrlich fühlen, den anderen vorbehaltlos annehmen und sich bemühen, sich immer wieder in den anderen hinein zu versetzen.

10. Gutes Zuhören braucht Zeit, Kraft, Ruhe, Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Einfühlungsvermögen.

Stanislaus Klemm, Dipl. Psychologe und Theologe, In: Pfarrbriefservice.de

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