Kirche St. Ulrich - Deidesheim

Gebäude

Die Pfarrkirche ist eine kreuzgewölbte Säulenbasilika, deren Chor, stark eingezogen, das Mittelschiff in der Breite leicht übersteigt. Der Kirchturm schließt sich in der Mittelachse des Hauptschiffes im Westen an das Langhaus an; die Sakristei liegt an der Nordseite der Chors.

Das Langhaus der Kirche besteht aus drei Schiffen zu je fünf Jochen. Die Gurt- und Diagonalbogen des Gewölbes entspringen kräftigen Runddiensten. Die schildförmigen Gewölbeschlusssteine zeigen verschiedene reliefierte Familienwappen.

Es kann davon ausgegangen werden, dass dies die Wappen derjenigen adeligen Familien waren, die den Bau der Kirche finanziell unterstützt haben

Der Chor der Pfarrkirche liegt ein wenig höher als das Schiff; die Mittelachse des Chores ist im Vergleich zu der Mittelachse des Langhauses ein wenig nach Süden gerückt. Der Chor besteht aus zwei kreuzgewölbten Jochen und einem Schluss mit Kappengewölbe.

Der östliche Schlussstein ist mit einem Lamm Gottes bemalt und rund. Die beiden westlichen Schlusssteine sind dagegen schildförmig; sie sind mit dem Wappen des Hochstiftes Speyer und dem Wappen des Speyerer Bischofs Matthias Rammung verziert. Der spitze Chorbogen springt ein wenig ein. Dem Bogenscheitel ist ein Schild mit dem Wappen des Hochstifts Speyer vorgesetzt.

Geschichte

An der Stelle der heutigen Pfarrkirche stand zuvor eine Marienkapelle, die vor 1300 entstand. Im 15. Jahrhundert war sie baufällig geworden und entsprach wohl auch nicht mehr den Ansprüchen der Deidesheimer Bürger. Der Nachfolgerbau hat sich in die heutige Zeit erhalten.

1460 wurde sie bereits als Pfarrkirche bezeichnet und 1467 wird der Hl. Ulrich erstmals neben der Muttergottes als ihr Patron genannt. Das genaue Ende der Bauarbeiten ist nicht bekannt.

Die Deidesheimer Kirche ist als einziger ganz erhaltener größerer Kirchenbau des mittleren 15. Jahrhundert in der Pfalz von besonderer Bedeutung. Noch immer ragt sie inmitten ihrer ursprünglichen Umgebung auf und beherrscht durch keinen anderen Bau gestört, Stadt und Umgebung.

In ihrer über 500jährigen Geschichte wurde die Kirche immer wieder von Plünderung und Zerstörung bedroht. Über Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg ist leider nichts verzeichnet, jedoch dürfte er nicht spurlos an der Pfarrkirche vorbei gegangen sein. 1689 wurde Deidesheim im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch französische Truppen niedergebrannt. Dabei fing auch das Dach der Pfarrkirche Feuer. Dachstuhl, Turm, Glocken, Turmuhr und Kirchengestühl wurden völlig zerstört. Erfreulicherweise blieb das Gewölbe erhalten. Es hat eine ganze Reihe von Jahren gedauert bis die Kirche fertig gestellt wurde und die Altäre neu geweiht werden konnten. Es bereitete große Mühen die nötigen Gelder zusammenzubetteln. Bereits 1794 besiegelten französische Revolutionstruppen das Schicksal der Kirche. Sie plünderten sie rücksichtslos aus und profanierten sie zu einem Lager für beschlagnahmte Weine und als Militärgefängnis. Nur unter großen Schwierigkeiten konnte Kirchengerät, eine Orgel, Glocken und eine Turmuhr wieder beschafft werden.

Das Kirchengebäude an sich hat sich in den über 500 Jahren unverändert erhalten, jedoch seine Ausstattung wurde bei zahlreichen Renovierungen immer wieder dem jeweiligen Zeitgeschmack angepasst. Von den mittelalterlichen sieben Altären blieben bis in die heutige Zeit nur noch der Hauptaltar und zwei Seitenaltäre erhalten. Der aus Grabplatten bestehende Bodenbelag wurde durch Steinplatten ersetzt. 1708 brach man den Lettner ab und stellte ihn als Empore in den hinteren Teil der Kirche. Teile der Lettner-Brüstung sind heute im Beinhaus zu sehen. Die Aufbauten der Altäre wechselten von vermutlich gotisch zu barock um dann wieder zur Neugotik zurückzukehren.

Auch die Ausmalung der Kirche war dem modischen Stil unterworfen. In der Anfangszeit waren die Gewölbe und Säulen, vielleicht auch die Wände, bemalt. Die Ausmalung wechselte die Farbe sowie die Art und Weise wie Säulen, Bögen und Bogenrippen bemalt waren. In der Neugotik kehrte man wieder zum ursprünglichen Aussehen zurück. Die Haussteine sollten wieder in ihrer Naturfarbe zu sehen sein. Der Mode entsprechend erhielt die Ausstattung ein neugotisches Aussehen. Bei der letzten Kirchenrenovierung 2007 wurde die ursprüngliche Farbgebung wieder hergestellt, so dass die Kirche wieder das Aussehen der Erbauungszeit hat.

Fenster

Die Deidesheimer Kirche besitzt als einziges Gotteshaus der Pfalz noch Glasmalereien aus dem Mittelalter. Es handelt sich um die über dem nördlichen Seitenportal beschnittenen Rechteckscheiben mit Darstellungen von Maria im Strahlenkranz sowie die heiligen Barbara und Katharina. Über dem südlichen Seitenportal sind zwei Rundscheiben mit Brustbildern einer unbekannten Heiligen und der hl. Dorothea zu sehen.

Die übrigen Fenster im Kirchenschiff sind Darstellungen der acht Seligpreisungen der Bergpredigt Jesu mit exemplarischen Heiligen, die des einzelnen Seligpreisungen zugeordnet werden. Die Entstehungszeit liegt um 1880

Aus dieser Zeit sind auch das linke und rechte Fenster im Chorhaupt. Das mittlere Chorfenster stammt aus dem Jahr 1987. Geschaffen hat es der Künstler Valentin Feuerstein. Es zeigt das letzte Abendmahl und Hinweise des Alten Testamentes auf die Hl. Eucharistie.

Holzfiguren im Kirchenraum bzw. den Seitenaltären

Links neben dem nördlichen Eingang: Hl. Jakobus der Ältere oder Hl. Wendelin (um 1500) als Pilger. Nach Nikolaus von Böhl im Stiftungsbrief für das Spital erwähnt, lag Deidesheim an einer Pilgerstraße auf der viele fremde Pilger und christgläubige Menschen unterwegs waren. Dies würde für die Darstellung des hl. Jakobus des Älteren sprechen. Jedoch ließe die Ausstattung mit Pilgertracht, Stab und Tasche auch den Schluss zu, dass es sich um den Schutzpatron der Landwirtschaft, den Hl. Wendelin handelt.

Linker Seitenaltar: Die Figuren dieses Altares stammen aus dem 19. Jahrhundert: In der Mitte die Muttergottes mit dem Jesuskind, links davon der hl. Sebastian als römischer Soldat ( der hl. Sebastian ist der Mitpatron der Kirche ) und rechts die Figur des hl. Josef.

Der rechte Seitenaltar ist ein sog. Annenaltar in dessen Mitte eine Figur der Mutter Anna mit Maria auf dem Schoß zu sehen ist. Diese Figur wird in die Zeit um 1510 datiert, ob sie alter Besitz der Kirche ist, ließ sich nicht ermitteln. Links und rechts von ihr stehen die Figuren des hl. Nikolaus und der hl. Hedwig. Auf den Konsolen vor der Empore bewahrt die Kirche noch Figuren. Dabei handelt es sich um eine Figur des an einen Baum gefesselten hl. Sebastian und auf der gegenüberliegenden Seite eine Figur der hl. Barbara. Beide werden als mittelrheinische Arbeiten aus der Zeit um 1760 angesehen.

Auf den mittleren Emporenkonsolen stehen eine Figur hl. Wolfgang, sie ist um 1480 entstanden. Im 19. Jahrhundert mussten Teile der Figur, wie die rechte Hand, der vorstehende Fuß und Teile der Haare und Gewandfalten ergänzt werden. Die rechte Figur des Weinpatrons St. Urban ist neueren Datums, sie stammt aus der neugotischen Epoche evtl. vom Ende des 19. Jahrhunderts.

Chorraum

Das im Chorraum befindliche Kruzifix war 1941 Teil des Hochaltars, umgeben mit einem Strahlenkranz. Der Korpus jedoch ist viel älteren Datums, um 1510. Es wird der Werkstatt des Veit Stoß zugeschrieben. Das bisher im Hochaltar befindliche Bild der Himmelfahrt des Herrn wurde vom Altar weggenommen und auf der Nordseite des Chorraums angebracht. Die Anregung hierfür stammte von Frau von Buhl, einer Angehörigen der Stifterfamilie des Hochaltars. Leider wurde der mächtige neugotische Hochaltar in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts im Übereifer aus der Kirche genommen. Spätere Versuche, ihn wieder aufzufinden waren vergebens.

Die moderne Ausstattung des Chores ( Altar, Tabernakel und das Ambo schuf der Künstler Frido Lehr aus Karlsruhe (1984). Das Chorgestühl wurde in der Neugotik aus älteren Teilen gefertigt. So sind auch einzelne Teile aus der Zeit vor 1500 eingearbeitet.

Unter dem Triumphbogen ist links die spätbarocke Statue der Gottesmutter Maria aufgestellt, in Form einer Immaculata. Sie steht auf der Sichel des Mondes und trägt das Jesuskind. Der Johannesknabe streckt seine Arme zu ihr auf. Diese Marienstatue hat eine besondere Geschichte: Der jüdische Kaufmann Feis aus Deidesheim entdeckte sie in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts auf einer Geschäftsreise in London, wo er sie ersteigerte und zuhause der katholischen Pfarrei schenkte. Zunächst war sie im Pfarrhaus untergebracht, wurde dann aber am 08.12.1940, mitten in der Zeit der NS-Herrschaft, feierlich in die Kirche überführt und dort aufgestellt. In den Marienmonaten Mai und Oktober und an den hohen Marienfesten trägt sie eine Krone, die nach dem 2. Weltkrieg aus den Ringen und dem Schmuck der Frauen und Kriegerwitwen gefertigt wurde. 

Auf der rechten Seite ist die Figur des Pfarrpatrons. Des hl. Ulrich zu finden. Die Figur stammt wohl aus dem 19. Jahrhundert und wurde 1940 für die Pfarrkirche erworben.

Umfeld

Bis zum Jahr 1783 lag der Friedhof von Deidesheim um die Kirche, daran erinnert noch heute das Beinhaus und das Friedhofskreuz, das sich 6,78 m über die ehemalige Fläche des Friedhofes erhebt. Auf dem dreifach gestuften Sockel befindet sich ein würfelförmiger Berg, der mit Knochen und Schädeln durchzogen ist und Golgatha symbolisiert. Der helle Sandstein des „Querbalkens“ ist mit Astrissen und Astlöchern gestaltet um ihn als Holzbalken zu charakterisieren. Der Korpus ist mit dem Kreuz und der Inschrifttafel aus einem Felsblock herausgehauen. Steigt man die Treppe zwischen Rathaus und katholischer Pfarrkirche hinauf, so stößt man auf die nach Osten offene Ölbergkapelle mit einer Darstellung der Gottesmutter mit ihrem toten Sohn. Die Kapelle ist eine Stiftung der Bäcker, wie der Schlussstein des Netzgewölbes ausweist, der Spitzweck, Ofenschieber und Brezel zeigt. Am äußeren Chorhaupt der Kirche steht die überlebensgroße Figur der in den Himmel auffahrenden Muttergottes. Die Rokokofigur stand ursprünglich in einer Nische auf der Innenseite des nördlichen Stadttores. Ihr entsprach eine Darstellung des auferstandenen Christus am südlichen Landauer Tor, die dort 1731 aufgestellt wurde. Sie ist heute leider nicht mehr erhalten.

Turm

Der Kirchturm im Westen ist 62,70 m hoch. Seine achteckige, mit Schiefer bedeckte Turmhelmspitze ist etwa 25 cm nach Westen geneigt, so dass der Turm mit bloßem Auge als schief wahrgenommen werden kann. Der Turm ist ein Rotsandsteinquaderbau; er hat einen quadratischen Grundriss und besitzt vier Geschosse. Das Erdgeschoss des Turmes ist eine Portalvorhalle, die drei spitzbogige Öffnungen besitzt; die westlich gelegene ist der Eingang zur Kirche und über der südlich gelegenen befindet sich ein Reliefwappen des Speyerer Bischofs Johannes II Nix von Hohenecken. Die Portalvorhalle selbst wird von einem einfachen Kreuzrippengewölbe überspannt.

Orgel

Die Orgel von St. Ulrich wurde 1995 von der Orgelbauwerkstätte Gerhard Kuhn ( Esthal, Pfalz ) erbaut. Das rein mechanische Instrument hat 25 Register auf zwei Manualen und Pedal. Es befindet sich in einem neugotischen Orgelgehäuse.

Glocken

Im Turm der Pfarrkirche hängt ein Geläute mit 6 Glocken, das zusammen das typisch mittelalterliche Cis-Moll-Motiv ergibt. Die Glocken wurden 1952 von Hermann Hamm, Frankenthal gegossen ( außer Ulrichsglocke: 1996 Metz, Karlsruhe.

Das Geläute der Pfarrkirche können Sie hier anhören.

Glocke 1 2 3 4 5 6
Ton cis' dis' e' fis' gis' h'
Gewicht (kg) 1700 1260 1000 700 525 300
Guss 1952 1996 1952 1952 1952 1952
Inschrift St. Urban St. Ulrich Christkönig St. Michael St. Johannes St. Marien

Weitere Informationen und Links

  • Den Artikel im PILGER vom 15.10.2017 über unsere Pfarrkirche St. Ulrich in Deidesheim können sie hier als pdf downloaden.